#27 Taiwan – Unser Abstecher in die Hauptstadt Taipeh

4. Juni 2023 0 Von Tobi

Unsere Reisezeit: Februar 2023

Schon vor der Weltreise 2.0 sagte ich zu Janina: „Eigentlich müssen wir nach Taiwan, wer weiß wie lange der Inselstaat noch eigenständig ist“. Nachdem wir wussten, dass wir die Philippinen besuchen werden, die nicht weit von Taiwan entfernt liegen, sahen wir also die Möglichkeit zumindest einen kurzen Abstecher dorthin zu machen. Da passte es uns sehr gut, dass wir einen relativ preisgünstigen Flug von Taipeh zu unserem nächsten Ziel Neuseeland gefunden hatten. Wer die Nachrichten verfolgt, weiß dass die Volksrepublik China nicht nur aktuell, sondern schon immer, Anspruch auf Taiwan erhebt und ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Taiwan tatsächlich einmal zum Festlandchina gehörte und sich vor über sieben Jahrzehnten von diesem abwendete. Bis heute gibt es Spannungen zwischen diesen beiden Ländern und Taiwan wird aufgrund der Vorgeschichte von den meisten Staaten der Erde nicht als eigenständiges Land anerkannt, war aber das erste der beiden chinesischen Länder, das sich den Namen „Republik China“ gab und ihn bis heute trägt. Das Festlandchina benannte sich erst Jahre später um zur Volksrepublik China.

Taiwan und die Volksrepublik China haben dieselbe Schrift und Sprache

Der Flug von Manila, der Hauptstadt der Philippinen, nach Taipeh dauerte keine zwei Stunden und schon waren wir in einer anderen Welt: Moderne und saubere Straßen, Hochgeschwindigkeitszüge mit extra viel Beinfreiheit für das Gepäck und einem gut ausgebautem U-Bahn-System. Bei der Einreise gab es sogar zwei kostenlose Corona-Tests am Flughafen, das nenne ich mal Service. Taiwan ist ein hochentwickelter Staat und, im Gegensatz zum Einparteienstaat Volksrepublik China, eine echte Demokratie. Mehr als die Hälfte der weltweit hergestellten Computer-Chips kommen aus Taiwan, dementsprechend gibt es hier auch High-Speed-Internet an jeder Ecke. Ob im Park, im Café, im Einkaufszentrum oder im Hotel, wir hatten hier keine Probleme unsere Fotos als Datensicherung auf die beiden heimischen Clouds hochzuschieben (an dieser Stelle einen lieben Dank an unseren Cloud-Sponsor, der eine der beiden Datensicherungsmöglichkeiten bereitgestellt hat). Wir waren nach der Ankunft in der Hauptstadt Taipeh wirklich beeindruckt, wie modern das Land ist.

Hochgeschwindigkeitszug mit viel Platz für das Gepäck

Wir kamen recht spät am Flughafen an, so dass keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fuhren und sind dann für umgerechnet etwas mehr als 40,- € 35 Minuten mit dem Uber-Taxi zu unserem Hotel in die City gefahren. Der Preis hört sich für europäische Verhältnisse, gemessen an der Fahrzeit, nicht hoch an, für uns war es aber gefühlt – nach äußerst günstigen 2,5 Monaten in Südostasien, als würden wir gerade 200,- € für diese kurze Fahrt bezahlen. Wir mussten uns erst einmal wieder an die „neuen“ Preise gewöhnen. Das teuerste Produkt, das wir im Supermarkt gefunden haben, stand übrigens in der Obstabteilung und es war eine Box mit 20 Erdbeeren, für schlappe 80,- €.

Unser Hotel, mit einem netten Zimmer und einem großen Fenster mit Ausblick, erreichten wir dann also erst mitten in der Nacht. Bei unserer Unterkunftssuche für Taipeh mussten wir feststellen, dass die Mehrheit der freien Zimmer kein Fenster hat, was für uns nur im äußersten Notfall geht. In unserem gebuchten Hotel, das wie wir später herausfanden, auch ein Quarantänehotel war, mussten wir unser Frühstück am nächsten Morgen an der Rezeption abholen, und auch gleich den Frühstückswunsch für den nächsten Tag abgeben. Eingenommen wurde das Frühstück, das besser war als erwartet, im Hotelzimmer. Wir funktionierten kurzerhand unser großes Fensterbrett zum Frühstückstisch um und waren glücklich über unseren Blick auf die Stadt. Den Kaffee konnten wir in der vom Hotel bereitgestellten Mikrowelle aufwärmen. Das war natürlich alles etwas gewöhnungsbedürftig, aber auf unserer Reise haben wir uns mit so vielen Situationen arrangiert , so dass wir unsere taiwanesische Frühstückssituation jeden Morgen eher amüsant fanden.

Frühstück serviert auf der Fensterbank

Vom Frühstück gestärkt sind wir dann am ersten Tag zu Fuß zum Taipei 101 gegangen und bekamen einen Eindruck von der riesigen Stadt. Der Taipei 101 ist das Wahrzeichen der Stadt. Die Konstruktion des Towers ist in ihrer Form einem Bambusrohr nachempfunden. Der 508 m hohe Wolkenkratzer war bis 2007 das höchste Gebäude der Welt, bis er vom über 800 m hohen Burj Khalifa in Dubai abgelöst wurde. Heute ist der Tower „nur noch“ das zehnthöchste Gebäude der Welt. Insgesamt gibt es 101 Stockwerke, daher auch der Name. Auf dem 89. Stockwerk befindet sich zum einen eine geschlossene Aussichtsplattform für Besucher. Von dort aus gibt es einen unglaublichen Ausblick auf Taipeh und das komplette Umland. Zum anderen befindet sich hier eine riesige vergoldete Stahlkugel, die als Pendel fungiert und durch Erdbeben verursachte Schwingungen ausgleicht. Vom gleichen Stockwerk aus führt schließlich noch eine Treppe nach oben in den 91. Stock auf eine kleine, offene Aussichtsplattform, von der aus man freie Sicht nach unten hat.

Komplett abgefahren sind die Aufzüge im Taipei 101, die einen nach oben auf den Tower bringen: Mit einer Geschwindigkeit von 16,8 m/s wird man in nur wenigen Sekunden quasi nach oben katapultiert. Dabei wird der Luftdruck so geschickt ausgeglichen, dass davon absolut nichts zu spüren ist. Bis 2013 hatte der Taipei 101 die schnellsten Aufzüge der Welt – allein die Aufzugsfahrt ist also bereits ein Erlebnis für sich.

In den unteren Stockwerken beheimatet der Taipei 101 Taipehs größtes Shoppingcenter, ansonsten ist der Tower aber ein reines Bürogebäude. Nach Besuch der Aussichtsplattform verbrachten wir unseren restlichen Tag des ersten Tages in Taipeh in diesem Shoppingcenter. An unserem zweiten Tag in Taipeh haben wir das trockene und zwischendurch sonnige Wetter genutzt und sind zu Fuß quer durch die gesamte Stadt gelaufen und haben sämtliche Hauptsehenswürdigkeiten abgeklappert. Dazu gehörte u.a. die Chiang Kai-Sheck Gedächtnishalle (ehemaliger Präsident der Republik China), der 228 Peace Park, der Botanische Garten, der Präsidentenpalast, der Longshan Tempel, das schrille Viertel Ximen und ein paar Nachtmärkte.

Unseren letzten Tag in Taipeh, verbrachten wir, geschuldet dem nicht wirklich einladenden windigen Wetter, erneut u.a. im Shoppingcenter des Taipei 101. Vor allem in den Elektronikgeschäften gab es hier einfach viel zu gucken und auszuprobieren und zusätzlich gab es noch einen tollen Foodcourt.

Bei all unseren Streifzügen lernten wir: Taiwan ist teilweise deutscher als Deutschland! Warum sage ich das? Jeder stellte sich z.B. in Reih und Glied ohne mit der Wimper zu zucken in einer Schlange an. An den U-Bahn-Steigen gibt es dafür sogar aufgemalte Wartelinien an den Stellen, wo die Türen anhalten werden, die aktiv genutzt werden. Die Roller warten an der Ampel brav in ihren dafür vorgesehenen Wartequadraten, Fahrzeuge halten an Zebrastreifen an und niemand parkt kreuz und quer auf den Fußwegen, sondern nur in den dafür vorgesehenen Parkbuchten. Es gibt Parkplätze für Autos, für Roller oder für Fahrräder. Es gibt Fußwege! Und die sind sogar breit und ohne Höhenunterschiede oder tiefen Löchern, und alles ist wirklich sooo sauber. Nach 2,5 Monaten in Südostasien war dies alles ein ganz ungewohntes Bild für uns und wir empfanden es als ziemlich deutsch. Und irgendwie erinnerte uns das Wetter auch an Deutschland, denn das erste Mal nach Wochen, brauchten wir zwischendurch ein Jäckchen, wenn die Sonne hinter den grauen Wolken verschwand. Trotzdem hatten wir auch mal über 20 Grad tagsüber – und das Ende Februar!

Ein Funfact über Taiwan müssen wir euch noch erzählen: Wir wunderten uns bei jedem Einkauf, warum wir drei Kassenbons erhielten. Auf einem Bon war immer eine Nummer und ein Strichcode zu finden. Kurzerhand googelten wir, was es damit auf sich hat und fanden heraus, dass man mit jedem Einkauf an einer Kassenbonlotterie teilnimmt. Die Idee ist ziemlich simpel und eine geniale Möglichkeit als Staat die Einzelhändler zur Versteuerung der Einnahmen zu verdonnern. Denn jeder Kunde besteht auf die Quittung, in Hoffnung an der Lotterie, die einmal im Monat ausgelost wird, zu gewinnen. Einmal in der Registrierungskasse hinterlegt, ist es für den Einzelhändler unmöglich die Einnahmen am Fiskus vorbei zu schleusen, was dem Staat Steuereinnahmen beschert. Wir fanden dieses System einfach genial, welches bereits schon 1951 eingeführt wurde.

Jedenfalls sammelten wir von da an auch unsere Kassenbons. Da wir diese als Ausländer allerdings nur einlösen können, wenn wir zur Auslosung noch im Land sind, verschenkten wir die Lose am Ende unseres Aufenthaltes an die Hotelangestellten, die sich sichtlich freuten.

Taiwan hat uns überrascht und so gut gefallen, dass wir auf jeden Fall noch einmal hierherkommen wollen. Dann allerdings mit mehr Zeit und dem Ziel den ganzen Inselstaat zu bereisen. Hoffentlich bleibt Taiwan noch lange eigenständig, damit es seinen eigenen Charme, den wir in den wenigen Tagen vor Ort erleben durften, beibehalten kann und die Menschen weiterhin in einer echten Demokratie leben dürfen.

Bei der Abreise ist uns dann das erste Mal ein wirklich großer Fehler unterlaufen: Normalerweise informieren wir uns intensiv über Einreisebestimmungen. Das taten wir auch über unsere nächstes Reiseziel: Neuseeland. Allerdings war unser letzter Check schon eine Weile her und wir hatten uns zum einen so sehr auf die Coronaeinreisebestimmungen fixiert, weil hier nicht eindeutig war, ob nur ein Test bei der Einreise aus der Volksrepublik China vorgelegt werden muss, oder ob auch die Republik China, also Taiwan gemeint ist, zum anderen hat Neuseeland so extrem scharfe Einfuhrbestimmungen, weshalb wir unsere Rucksackinhalte dreimal auf links gedreht haben und unsere Schwimm- und Outdoorschuhe sowie unsere Taucherbrille verrückterweise desinfiziert haben, als auch unsere Lebensmittel in einer Liste zum Vorzeigen aufgeführt haben, so dass wir das Wichtigste irgendwie aus den Augen verloren haben: Alle Touristen brauchen ein so genanntes eTA – ein elektronisches kostenpflichtiges Visum, das VOR der Einreise nach Neuseeland eingeholt werden muss. Wir wurden beim Check-In am Flughafen nach unserem eTA gefragt und antworteten der Dame, dass wir keines bräuchten – wir haben ja einen deutschen Reisepass, der in der Tat zu den besten Pässen der Welt gehört, weil nur für wenige Länder ein Visum benötigt wird. Die Dame sollte aber Recht behalten und prüfte nochmals ausgiebig, ob wir ein Visum benötigten oder nicht. Dieses eTA gibt es erst seit kurzer Zeit und war einfach nicht mehr präsent bei uns. Wie wir uns also eingestehen mussten, haben wir hier etwas übersehen und wurden ganz blass um die Nase, da wir genau wussten, dass Fluggesellschaften den Transport verweigern können, wenn man die nötigen Einreiseformalien nicht vorweisen kann. Wir hatten allerdings nicht mit der uns hier entgegengebrachten Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Taiwanesen gerechnet, die gleich mit drei Personen inkl. Supervisor versuchten mit uns gemeinsam eine Lösung zu finden. Ein Flughafenmitarbeiter teilte sogar einen Hotspot über sein Mobiltelefon mit uns, damit wir einen schnelleren Zugang zum Internet hatten. Wir führten einen Download der NZeTA App, für das Neuseeländische eTA durch und mussten mit Bedauern feststellen, dass die App am heutigen Tag nur eingeschränkt verfügbar war, da Wartungsarbeiten anstanden. Das durfte wirklich alles nicht wahr sein! Wir versuchten mehrmals unsere Daten einzugeben, unseren Pass abzufotografieren und die Kreditkartendaten zu hinterlegen und es erreichte uns eine Fehlermeldung nach der anderen. Aber auf einmal sagte die Dame am Check-In Schalter, dass sie Janinas Namen im System sehen konnte und ihr ein Visum erteilt wurde. Janina wurde hierüber kurze Zeit später auch in der App auf Ihrem Smartphone informiert. Bei mir klappte es dann Gott sei Dank nach mehrmaligen schweißtreibenden Versuchen irgendwie ebenfalls und ich tauchte auch im System auf – allerdings hat mir die App die Bestätigung erst gegeben, nachdem wir bereits mehrere Tage in Neuseeland waren. Wir waren froh, dass aufgrund der modernen Technik am Flughafen von Taipeh der Rest des Abflugprozederes inklusive Ausreise und Gepäckkontrolle äußerst zügig vonstatten ging, und wir erreichten unseren Flug noch rechtzeitig, kurz bevor das Boarding begann. Wir hatten schon nicht mehr daran geglaubt, aber nun ging es auf in neue Abenteuer auf einem neuen Kontinent und nach langer Zeit mal wieder auf die andere Seite des Äquators. Tschüss Asien, Moin Ozeanien!

Taiwan Beer